MVZ (GmbH) – Unterschrift des Geschäftsführers statt des ärztlichen Leiters unter der Abrechnungs-Sammelerklärung: kein Honoraranspruch (BSG Urt. v. 13.12.2023 – bisher nur als Terminbericht)

Der 6. Senat des BSG berichtet am 14.12.2023 über eine recht rigorose Entscheidung im Prozess zwischen einem in der Rechtsform einer GmbH geführten MVZ und der KV Nordrhein (Az: B 6 KA 15/22 R). Die KV hatte die Honorarbescheide für das 2. und 3. Quartal 2013 aufgehoben und das Honorar vom MVZ zurückgefordert, weil die Gesamtaufstellungen zur Abrechnung (Sammelerklärungen) nicht, wie vom Honorarverteilungsmaßstab (HVM) gefordert, von einem ärztlichen Leiter, sondern (nur) vom Geschäftsführer der GmbH unterschrieben waren.

Das BSG sieht die Aufhebung der Honorarbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung durch die KV und die Rückforderung als rechtmäßig an.

- Bei der Regelung im HVM handele es sich nicht um ein bloßes Formerfordernis. Vielmehr lasse die ordnungsgemäße Abrechnungs-Sammelerklärung überhaupt erst den Anspruch auf Vergütung der erbrachten Leistungen entstehen.

- Die Regelung im HVM sei auch von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 87b Abs. 1 S. 2 SGB V (betreffend die Honorarverteilung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen) gedeckt. Grundsätzlich sei zwar das MVZ als Träger der Zulassung für die Abgabe einer ordnungsgemäßen Sammelerklärung verantwortlich. Da es als Einrichtung aber nicht selbst handeln könne, ersetze die Unterzeichnung durch den ärztlichen Leiter die in einer Einzelpraxis vom Vertragsarzt zu leistende Unterschrift. Der ärztliche Leiter sei verantwortlich für die ärztliche Steuerung der Betriebsabläufe, sei hinreichend in Strukturen und Arbeitsabläufe eingebunden, um das Verhalten der Mitarbeiter aus eigener Anschauung beurteilen zu können, und verfüge auch anders als der nicht ärztliche Geschäftsführer eines MVZ über die entsprechende medizinische Fachkompetenz. Gegen das Erfordernis der Unterschrift des ärztlichen Leiters bestünden mithin keine Bedenken.


- Das LSG Nordrhein-Westfalen hatte in seinem vorausgehenden Urteil vom 01.09.2021 auf kritische Stimmen hierzu hingewiesen und immerhin auch darauf, dass die Honorarverteilungsmaßstäbe anderer Kassenärztlicher Vereinigungen z. T. andere Regelungen enthalten, wonach etwa auch oder zusätzlich die Unterschrift des Geschäftsführers der Trägergesellschaft oder die Unterschriften aller im MVZ tätigen Ärztinnen und Ärzte verlangt werden. Dazu, ob diese abweichenden Regelungen (ebenfalls) mit höherrangigem Recht vereinbar seien, müsse das LSG sich aber vorliegend nicht äußern. Inwieweit das BSG hierauf näher eingeht, wird man erst den vollständigen Entscheidungsgründen entnehmen können.

- Die gesellschaftsrechtlichen Regelungen über die Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers einer GmbH würden durch das Unterschriftserfordernis im HVM nicht berührt. Es handle sich dabei schon gar nicht um eine gesellschaftsrechtliche Vertretungsregelung.

- Die Entscheidung sei auch kein unverhältnismäßiger Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Recht des MVZ auf Honorierung. Es könne etwa bei zeitweiser Verhinderung des ärztlichen Leiters ein Vertreter bestellt werden; auch könne die Sammelerklärung binnen einer Jahresfrist nachgereicht werden. Davon habe das MVZ keinen Gebrauch gemacht, sondern die Unterschrift des Geschäftsführers (weiter) für allein ausreichend gehalten.

- Was die Höhe der Rückforderung betrifft, beliefen sich die Honorare auf insgesamt rund 143.000 €; zurückgefordert wurden rund 136.000 €. Diese Differenz wird nicht näher aufgeklärt. Das BSG sieht aber jedenfalls ausdrücklich die KV als berechtigt an, das gesamte Honorar der beiden Quartale zurückzufordern. Für die Anwendung von Ermessen zur Schätzung eines Honorars sei kein Raum, weil ohne eine vom ärztlichen Leiter unterschriebene Sammelerklärung schon gar kein Anspruch auf Honorar bestehe.


Plagemann Rechtsanwälte

Ansprechpartner:innen: Prof. Hermann Plagemann, Dr. Jana Schäfer-Kuczynski, M.mel., Dr. Ole Ziegler

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